B.M. AY
„Also dann bis Mittwoch neun Uhr“, sagte Ahmet. „Bei dir zuhause? Oder direkt auf dem Markt?“
„Treffen wir uns doch bei Bauswein, nehmen einen Kaffee und gehen danach auf Gemüsepirsch“, schlug Horst lachend vor.
Am Mittwoch saßen sie wie verabredet im Café Bauswein am Marktplatz. Horst hatte Stift und Papier auf den Tisch gelegt. „Lass uns einen Einkaufszettel machen“, sagte er. „Ich hätte gerne einen Überblick was für die mediterrane Küche so gebraucht wird.“
„Ich würde lieber einfach über den Markt spazieren und mitnehmen, was mich gerade so anlacht“, murrte Ahmet.
„Hhm“, antwortete Horst. „Wenn deine Blicke dort draußen gleich über die Gemüseauslagen schweifen, dann ist das für dich ein Ausflug in vergangene Zeiten und vor deinem geistigen Auge erscheinen dir vertraute Gerichte zu dem jeweiligen Gemüse. Bei mir sind diesbezüglich nichts als blinde Flecken in den Hirnwindungen.“
„Also dann – Einkaufen mit Liste“, seufzte Ahmet. „Schreib auf: zwei Kilo Zwiebeln, ein Zopf Knoblauch, Tomatenmark, Paprikapulver, Oliven, Zitronen oder eine Flasche Granatapfelsauer, Olivenöl und je ein Pfund Linsen, Bohnen und Kichererbsen. Noch was?“
„Ja, ein Kochbuch!“ rief Horst und erntete dafür nur Lachen und Kopfschütteln.
Damit verließen sie das Café in Richtung des Wochenmarktes. Ahmet durchkämmte das Angebot mit allen Sinnen. Horst war ihm auf dicht auf den Fersen. „Die Hälfte reicht auch“, bremste er desöfteren, wenn Ahmet von allem immer ein ganzes Kilo verlangte.
Bereits schwer bepackt mit Taschen voller Gemüse und Obst, steuerte Ahmet den Bereich an, wo die Verkaufswagen mit den Fleisch- und Wurstwaren standen. Dort kaufte er eine Hähnchenkeule und 250g Rindergulasch.
„Ich dachte wir kochen mindestens vegetarisch!“ rief Horst erstaunt.
„Und ich denke, wir kochen genau so, dass es garantiert schmeckt und du deine Ernährungsumstellung länger als nur ein paar Wochen durchhalten kannst“, erklärte Ahmet. „Von den paar Happen wirst du schon keine Fleischvergiftung bekommen. Für den Geschmack aber sind schon kleine Mengen Gold wert. Im Übrigen ist das deine Fleischration für die ganze Woche und du wirst weder Wurst noch Schinken zum Frühstück haben. Damit liegst du bei einem Bruchteil des normalen Prokopf-Verbrauchs an Fleisch pro Woche. Für den Anfang ist das wenig genug, glaub mir.“
In Horst’s Küche angekommen, stellte Ahmet alle Einkaufstüten auf die Eckbank und ließ sich von Horst zwei Töpfe geben. In einem setzte er den Hühnerschenkel mit Wasser und Suppengrün auf, im anderen briet er die Miniportion Gulasch kurz an, bevor er Wasser dazugab, würzte und das Ganze bei kleiner Flamme vor sich hin köcheln ließ.
Danach sichteten sie gemeinsam die Einkäufe und kochten unter Ahmets Regie eine Suppe aus roten Linsen, die Ahmet mit der Hühnerbrühe verfeinerte. Daneben bereiteten sie einen Eintopf aus Blumenkohl und einen mit Kichererbsen. Gegen Mittag saßen sie zufrieden und gut gesättigt am Küchentisch. Sie hatten von allem etwas gekostet und die Gerichte danach im Kühlschrank verstaut.
„Die Linsen-Suppe kannst du dir auch zum Frühstück schmecken lassen“, erklärte Ahmet. „Mit einigen Würfelchen Hühnerfleisch garniert, wenn dir danach ist. Dazu Knoblauchbaguette soviel du magst.“
„Dank dir für die Mühe“, sagte Horst. „Alles was ich die nächsten Tage für mein Essen tun muss, ist an den Kühlschrank gehen und mir einen Mahlzeiten-Teller zusammenstellen. Außerdem habe ich mir das Grundrezept für die mediterranen Gemüsegerichte gemerkt, kann also den Rest des Einkaufs problemlos in schmackhafte Gaumenfreuden verwandeln. Dass das so einfach sein könnte, hätte ich nicht gedacht.“
„Reine Notwendigkeit“, erwiderte Ahmet nachdenklich. „Meine Mutter hatte ein halbes Dutzend Kinder zu versorgen. Den großen Garten musste sie so bewirtschaften, dass es für uns alle zu jeder Jahreszeit reichte und sie möglichst noch etwas von der Ernte auf dem Markt verkaufen konnte. Sie musste mit ihrer Zeit und anderen Ressourcen schon gut haushalten, um uns über die Runden zu bringen. Ihr Haushalt lief wie am Schnürchen. Sie hat sich nie beklagt, sondern aus dem was gerade da war einfach das Beste gemacht.“
„Einfach einfach halt“, sagte Horst leicht verträumt.
„Einfach hart, trifft es wohl besser“, antwortete Ahmet trocken.
Fortsetzung folgt